Analabszess und Analfisteln
In Bezug auf die Entstehung handelt es sich bei den Analabszessen und den Analfisteln um ein einheitliches Krankheitsgeschehen, denn in etwa 95 Prozent der Fälle werden diese primär durch eine Kryptitis, Entzündungen der Krypten und Proktodealdrüsen, verursacht.
Beim Analabszess handelt es sich um die akute Form, mit einem schnellen und heftigen Entzündungsverlauf, hingegen die Analfistel der chronischen Form entspricht, die durch eine langsame und bleibende Entzündung gekennzeichnet ist. Auch kann der akute Abszess in die chronische Fistel übergehen.
Da die Proktodealdrüsen in die Schließmuskelanteile hinein verlaufen und zwischen diesen enden, können bakterielle Infektionen die Drüsengänge hinaufsteigen und zu Infektionen führen, welche die Schließmuskulatur mitbeteiligt. Entsprechend sind beim Analabszess und der Analfistel oft Anteile der Schließmuskulatur am Krankheitsgeschehen beteiligt.
Im Fall der Fistel und dem langsamen Fortschreiten der Entzündung hat unser Körper, in seinem Bestreben Entzündungen einzudämmen, die Zeit, eine Abgrenzschicht zu bilden, die Entzündung quasi „zu ummauern“. Entlang der Infektionsstrecke entsteht ein röhrenartiges Gebilde. Nach dem Durchbruch der Infektion nach Außen bleibt dieser Fistelgang dauerhaft zurück und verbindet den Analkanal über die innere Fistelöffnung mit der Haut der Afterumgebung durch die äußere Fistelöffnung.
Bei einem Abszess handelt es sich um eine Eiteransammlung in einer geschlossenen Gewebehöhle und bei einem Analabszess befindet sich diese in der unmittelbaren Umgebung des Analkanals. Das oft ausgeprägte Beschwerdebild ist durch die typischen Zeichen der Entzündung geprägt: Rötung, Überwärmung und Schwellung der Abszessumgebung einhergehend mit Schmerzen und körperlichen Beeinträchtigungen.
„Wo Eiter ist, da entleere ihn.“ Dieses, von Hippokrates ca. 400 Jahre vor unserer Zeitrechnung festgelegte Behandlungsprinzip, ist bis heute unumstritten. Bleibt die Abszesseröffnung aus, besteht die Gefahr von Komplikationen bis hin zur schweren Sepsis bzw. „Blutvergiftung“. Fieber und Schüttelfrost sind die ersten Anzeichen. Bei der dringlich erforderlichen Abszessspaltung handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff, welcher abhängig von der Ausprägung und der Lage des Abszesses zu den anatomischen Strukturen des Analkanales und der Beckenorgane ambulant oder stationär durchgeführt werden kann. Wichtig ist, dass die Operation zeitnah erfolgt!
Auch wenn die Analfistel im Vergleich zum Abszess durch eine deutlich geringere Beschwerdeintensität gekennzeichnet ist, so stellt sie die betreffenden Patienten/innen und die behandelnden Ärzte/innen oft vor deutlich größere Herausforderungen, denn ein Fistelgang verläuft oft durch Schließmuskelanteile, kann verzweigt vorliegen und wird sich aufgrund seiner Innenauskleidung nicht von allein schließen. Die Beseitigung eines Analfistel erfordert somit immer eine Operation, welche unter größtmöglicher Schonung der betroffenen Schließmuskelanteile erfolgen muss. Der Erhalt der analen Kontinenz hat die oberste Priorität, auch wenn hierbei Kompromisse in Hinsicht auf eine schnellstmögliche und sichere Beseitigung der Fistel eingegangen werden müssen.
Die Vielzahl der existierenden Operationsverfahren für Analfisteln ist ein untrügliches Indiz dafür, dass keines der Verfahren das Nonplusultra darstellt. Wichtig erscheint mir, dass die Operateurin oder der Operateur den jeweiligen Befund einzuschätzen versteht, auf ein Repertoire von Operationsmethoden zurückgreifen kann, welche sie oder er regelmäßig und erfolgreich in Abhängigkeit vom jeweiligen Befund anwendet und um ihre bzw. seine Grenzen in den Möglichkeiten der Behandlung weiß. Welches Operationsverfahren zur Anwendung kommt, kann und muss oft erst intraoperativ entschieden werden, in Anbetracht des tatsächlichen Befundes.
Eine umfassende Beratung und Aufklärung der Betroffenen vor einem solchen Eingriff und ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis ist in der medizinischen Behandlung von großer Bedeutung und in der operativen Therapie von Analfisteln unumgänglich.